Versickerungslösung auf engstem Raum
Text von
Gabriela Burri
veröffentlicht 07.03.2024
aktualisiert 25.09.2024
veröffentlicht 07. März 2024
| aktualisiert 25. September 2024
7 min. Lesezeit
Die Anforderungen an Versickerungsanlagen sind klar definiert: Regenwasser muss in erster Priorität auf der eigenen Liegenschaft versickert werden, um den natürlichen Wasserkreislauf aufrechtzuerhalten. Ist dies nicht möglich, muss das Regenwasser abgeleitet werden. Eine Versickerungsanlage hat zur Aufgabe, Regenwasser aufzufangen, zu speichern und zu sammeln. Danach wird es kontinuierlich an den Untergrund abgegeben – also versickert. Dadurch reduziert sich bei Starkregen die Gefahr von Hochwasser oder Überschwemmungen.
Doch was tun, wenn herkömmliche Produkte an ihre Grenzen stossen?
Gewässerschutzgesetz
Priorität 0: Abfluss des Niederschlagswassers vermeiden bzw. verringern
Priorität 1: Versickerung
Priorität 2: Ableitung in Regenwasserleitung
Der Startschuss einer Vision
Die Gegebenheiten im Projekt in Stans waren alles andere als einfach und stellten Reto Zweili vor neue Herausforderungen. Gemäss Vorschriften des Gewässerschutzgesetzes muss der Flurabstand (Abstand vom höchsten Grundwasserspiegel bis zur unteren Kante der Versickerungsanlage), mindestens einen Meter betragen. In Stans war der Grundwasserspiegel sehr hoch, was wortwörtlich wenig «Luft nach oben» bedeutete. Hinzu kam, dass der Abstand der Anlage zu einer mit LKW befahrbaren Oberfläche bei bestehenden Lösungen aus Kunststoff mindestens 80 cm betragen muss, um die Stabilität zu gewährleisten. Auf Grund dieser Platzverhältnisse war die Umsetzung mit einer herkömmlichen Versickerungsanlage nicht möglich: Der Platz war nicht vorhanden und die Abstände unterhalb und oberhalb der Versickerungsanlage konnten nicht eingehalten werden.
Deshalb war klar, dass es eine alternative Lösung braucht. Eine statisch stabilere Lösung, bei der der Abstand zur Oberfläche verringert werden kann. Und so entstand die Zusammenarbeit zwischen Reto Zweili und Stefan Tresch. Die beiden kannten sich bereits aus früheren Projekten. «An einem Abend, als ich nicht mehr weiter wusste und mir bewusst wurde, dass es nichts Passendes auf dem Markt gibt, habe ich eine Skizze erstellt und Stefan eine Mail geschrieben. Bereits am nächsten Tag haben wir uns getroffen», sagt Reto Zweili. Nach einer Stunde war die erste Skizze für den Prototypen auf Papier und das Ziel war beiden klar: eine Versickerungsanlage aus Beton, die sich auch in Gebieten mit hohem Grundwasserspiegel einsetzen lässt, und die zudem modular erweiterbar ist, um eine spätere Erweiterung der Anlage zu ermöglichen. Ausserdem soll die Anlage einen Einstieg haben – also begehbar sein.
Bildlegende: Hohlraumelement VRK (VRK = Versickerungs-Retentions-Kammer) mit horizontalen Durchgangsöffnungen
«Wir müssen ein Produkt haben, das verstanden wird. Es muss einfach in der Anwendung sein». Reto Zweili
Vom Prototyp bis zur Herstellung des fertigen Elements
Viele Anforderungen und Vorstellungen standen im Raum – zu viele? Nicht für die beiden Herren. Reto Zweili als erfahrener Ingenieur und Stefan Tresch als langjähriger Technischer Berater – beide mit enormem Fachwissen, bündelten ihr gesamtes Know-how und setzten ihre Ideen in die Tat um. Bereits nach zwei oder drei Treffen wurde die Planung konkret. «Zu Beginn haben wir uns viele Gedanken gemacht betreffend einer passenden Schalung und mussten auch an das Gewicht des fertigen Elements denken», so Stefan Tresch. Gleichzeitig sollte das Produkt in der Anwendung einfach und verständlich sein. «Es braucht Fläche und Volumen. Mit diesem Element müssen beide Faktoren beinahe unbegrenzt erweiterbar sein», erläutert Stefan Tresch weiter.
Schon kurze Zeit nach dem ersten Treffen entstand der erste Prototyp. Natürlich wurden diverse Tests durchgeführt, ob die Versickerungsanlage auch wirklich für die Praxis geeignet ist. Es gab diverse Sickerversuche. Man testete, welche Materialien es für die Planie benötigt und welcher Kalkschutz notwendig ist. Ausserdem wurde von Beginn an das Amt für Umwelt Nidwalden hinzugezogen.
In der Entwicklung des Prototyps konnten auch anfängliche Schwachstellen identifiziert und behoben werden. So verfügt die finale Version nun über Versetzanker auf der Innen- statt auf der Aussenseite, welche ein exaktes und bündiges Versetzen mehrerer Elemente erlaubt. Zusätzlich war die spätere Entwicklung von Fusselementen ein cleverer Schritt, der eine optimierte Gewichtsverteilung ermöglichte. Eine weitere Anpassung bestand darin, dass horizontale Durchgangsöffnungen anstelle eines Einstieges bei jeder Kammer geplant wurden. Auch bei den Zuläufen wurde zum Schliessen der Öffnungen auf einen bestehenden Sickerstein ausgewichen, der bei Bedarf einfach und unkompliziert entfernt werden kann, statt Beton, der rausgeschlagen werden müsste. Es benötigt so auch keine speziellen Kernbohrungen für den Leitungsanschluss. Zudem trägt der Sickerstein zusätzlich zum Versickern des Wassers bei. Zu guter Letzt wurde der Splitt am Boden bei der Öffnung durch schwerere Sickersteine oder Sickerbölli ausgetauscht, damit der Grund nicht weggeschwemmt werden kann, sobald Wasser reinströmt.
Und so kam es nach und nach zum finalen Element, das schlussendlich auch im Projekt in Stans und bei weiteren Projekten eingesetzt wurde.
«Wir von der CREABETON bringen Lösungen, so dass sie auch funktionieren. Geht nicht gibt’s bei uns nicht». Stefan Tresch
Die Vorteile des neuen Hohlraumelement VRK aus Beton
Die zwei entscheidendsten Vorteile gegenüber herkömmlichen Anlagen aus Kunststoff liegen auf der Hand: Die Hohlraumelemente VRK sind begehbar. Dies macht eine Wartung und allfällige Reparaturen möglich und sehr einfach durchführbar. «Das Vlies in bzw. um die Versickerungsanlagen kann verschlammen und dann kann das Wasser nicht mehr durchsickern. Bei herkömmlichen Kunststoffbehältern gibt es keine Möglichkeit, dies zu reinigen oder auszutauschen und die einzige Option ist der Ersatz der kompletten Anlage.», sagt Stefan Tresch. Mit den Hohlraumelementen VRK ist dieses Problem aus der Welt geschaffen, da die Elemente begehbar sind und somit eine unkomplizierte Wartung ermöglichen.
Der zweite entscheidende Vorteil gegenüber anderen Produkten ist, dass die Anlage dank ihrer Stabilität mit weniger Überdeckung bzw. Abstand zur Oberfläche realisiert werden kann.
Aus der Sicht der Nachhaltigkeit ist das Hohlraumelement VRK aus Beton allein schon auf Grund seines Materials dauerhafter, nachhaltiger und langlebiger als jegliche anderen Produkte aus Kunststoff. Sollte doch mal kein Bedarf am Element mehr bestehen, kann es recycelt werden.
Dabei ist Kunststoff nicht per se schlecht. Es gibt, wie so oft, nicht nur entweder oder. «Aber es ist unsere Aufgabe, die bestmögliche Lösung für die vorliegende Situation zu finden und wo immer wir nachhaltige Materialien verwenden können, tun wir dies.» erläutert Stefan Tresch.
Durch das modulare Design mit den rechteckigen sowie quadratischen Elementen können die Hohlraumelemente VRK flexibel platziert und unbegrenzt erweitert werden. Dabei sind auch asymmetrische Anordnungen möglich, welche sich optimal dem verfügbaren Platz anpassen.
Die Anlagen können auch nachträglich mit zusätzlichen Elementen erweitert werden, wo andere Produkte den kompletten Ersatz verlangen.
Ebenfalls sind die Elemente im befahrbaren Bereich einsetzbar, bzw. sie bieten wesentlich bessere Bedingungen dafür als herkömmliche Produkte. Durch die robuste Bauweise ist das Hohlraumelement VRK gerade bei engen Platzverhältnissen und schwierigen Platzbedingungen für den fahrbaren Bereich nicht zu toppen.
Gerade auch im Vergleich mit runden Sickerschächten erlauben sie mehr Möglichkeiten in Bezug auf das Volumen, damit nicht nur Fläche oder Volumen, sondern Fläche und Volumen optimal passen.
Die Vorteile auf einen Blick
- Einfacher Unterhalt, Wartung und Reparatur dank Begehbarkeit der Elemente
- Anlage kann mit weniger Überdeckung realisiert werden
- Hohlraumelemente VRK aus Beton sind langlebig und nachhaltig
- Sie sind modular und individuell erweiterbar
- Sie sind im befahrbaren Bereich einsetzbar
Zukunftsaussichten des neuen Produkts
«Einige sehr positive Rückmeldungen aus der Praxis haben wir bereits erhalten», sagt Reto Zweili. Ob es weitere Pläne oder eine Weiterentwicklung des Produktes gibt, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden. Dies werden weitere Erfahrungen und Rückmeldungen zeigen. Dass es den beiden Herren aber nicht an Ideen fehlt, wird schnell klar: bereits am Ende des Gespräches wurde über neue mögliche Innovationen philosophiert.
Einig sind sich Reto Zweili und Stefan Tresch auch im Hinblick auf den Erfolg des Produktes. Sie sind sich sicher, dass das Hohlraumelement VRK schweizweit zur Anwendung kommen wird und aus langfristiger Sicht das beste System ist.
Die Entwicklung der Hohlraumelemente VRK zeigt, dass Innovation und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen können. Aber nicht nur das – das Projekt zeigt einmal mehr, dass die Kraft gemeinsamer Ideen, die Entschlossenheit, Herausforderungen zu meistern, und den gemeinsamen Wunsch, zukunftsweisende Lösungen für die Baubranche zu schaffen, alles möglich machen. Diese Partnerschaft ist nicht nur eine Erfolgsgeschichte, sondern auch ein inspirierendes Beispiel dafür, wie kreativer Austausch und Teamarbeit Perspektiven eröffnen können.
Spezifikationen Hohlraumelement VRK
- Länge 120 oder 240 cm
- Breite 120 cm
- Höhe 40, 80 und 120 cm
- Gewicht zwischen 430 kg und 2080 kg
- Volumen zwischen 0,37 m3 und 2,49 m3
- mit LKW befahrbar bis 40 Tonnen (langsamer Verkehr)
- begehbar
- modular erweiterbar