Kleinkläranlage Braggio

Text von
Patricia Häfeli
veröffentlicht 25.11.2019
aktualisiert 02.07.2024
veröffentlicht 25. November 2019
| aktualisiert 02. Juli 2024
3 min. Lesezeit

Kunststoff statt Beton. So lautete die Devise im fernab, 500 Meter über dem Talboden des Bündner Calancatals gelegenen Weiler Braggio. Etwa fünfzig Menschen wohnen hier dauerhaft, für zwanzig und einen Einwohnergleichwert (EWG) von 100 musste 2018 eine erste Kleinkläranlage realisiert werden, eine weitere sollte folgen.
Finanzielle und technische Schwierigkeiten
In der abgelegenen Gegend des Calancatals, wo man vor allem mit der Abwanderung der Einwohner zu kämpfen hat, belastete der Bau einer weiteren Kleinkläranlage mit einem beträchtlichen logistischen und finanziellen Aufwand die Gemeinde. «Die uns vom Kanton auferlegte Pflicht, in Braggio eine Kläranlage zu bauen, stellte uns in finanzieller wie auch technischer Hinsicht und auf den ersten Blick vor kaum lösbare Probleme. So mussten wir uns erstmals in einem ungewohnt hohen Ausmass verschulden. Und wie bitte schön ist es möglich, eine solche Anlage zu bauen, wenn der bestehende Saumweg nach Braggio für schwere Transporte nicht geeignet ist? Wenn grössere Lastwagen die schmale und auf 30 Tonnen beschränkte Forststrasse mit den vielen engen Kurven nicht befahren können? Wenn das von Arvigo in den Weiler führende Seilbähnchen für sperrige Lasten nicht in Frage kommt?»
«Da wir dank langjähriger Zusammenarbeit mit Produzenten von Kunststoff-Tanks die Möglichkeit haben auszuweichen, können wir unsere Kunden auch bei solch schwierigen Umständen flexibel bedienen.»
Noch immer scheint Gemeindepräsident Anton Theus der Schock von damals tief in den Knochen zu stecken, wenn er sich an die Schwierigkeiten im «Fall» Braggio erinnert. «Ein fantastisches Projekt!» – im gleichen Atemzug vom selben Gemeindepräsidenten ausgesprochen… Wie ist das möglich? Was ist passiert?

Betonfachleute weichen auf Kunststoff aus
In der verzwickten Situation kam die tatkräftige Unterstützung von CREABETON wie gerufen. Schnell war den beigezogenen Betonfachleuten klar, dass in diesem Spezialfall der Schlüssel zur Lösung nicht wie gewohnt in Beton-, sondern in leichten Kunststoffbehältern lag. Kunststoffbehältern? «Hier kennen wir kaum Berührungsängste. Im Gegenteil. Da wir dank langjähriger Zusammenarbeit mit Produzenten von Kunststoff-Tanks die Möglichkeit haben auszuweichen, können wir unsere Kunden auch bei solch schwierigen Umständen flexibel bedienen», freut sich Josef Kohler, Technischer Berater bei CREABETON. So wurden zwei etwa 13 Meter lange, zwei Tonnen schwere und bis zu 52 000 Liter fassende Grossbehälter ins graubündnerische Arvigo transportiert, wo sie mit einem einheimischen Transportunternehmen abgeladen und zwischendeponiert wurden. Mit einem Grosshelikopter wurden sie schliesslich an den abgelegenen Verwendungsort Braggio geflogen und versetzt.
«In speziellen Fällen können Bauteile aus Kunststoff die richtige Lösung bieten. Aber klar: Wenn immer möglich ziehen wir Beton mit seinen positiven Eigenschaften wie Nachhaltigkeit und Robustheit vor.»
Mit Weitsicht und Flexibilität
Aber Kunststoff statt Beton… Ist das nicht fast schon ein Sakrileg für eine Betonfirma? «Keineswegs», entgegnet Josef Kohler. Man habe es nicht nötig, die beiden Werkstoffe gegeneinander auszuspielen. Mit Weitsicht und Flexibilität hat die CREABETON einer kleinen Berggemeinde helfen können, das sei die Hauptsache. «In speziellen Fällen können Bauteile aus Kunststoff die richtige Lösung bieten. Aber klar: Wenn immer möglich ziehen wir Beton mit seinen positiven Eigenschaften wie Nachhaltigkeit und Robustheit vor. Nur schon, weil wir hier auf einem wertvollen Erfahrungsschatz zurückgreifen können. Ausserdem hat Beton den Vorteil, dass er jederzeit problemlos saniert werden kann.» Anfangs stand das Kläranlagenprojekt unzähligen Widrigkeiten gegenüber – die den Weg zu einer vernünftigen Realisierung beinahe unerreichbar machte. Doch mithilfe von CREABETON kam schnell Bewegung in die Sache – scheinbar Unmögliches wurde möglich und die Herausforderung war gemeistert.
Die Bergsiedlung Braggio
Höchstgelegene Siedlung im Calancatal
Autofreies Bergbauerndorf mit zirka 50 Einwohnern
500 Meter über dem Talgrund auf 1313 m.ü.M. gelegen
Mit Seilbahn ab Talstation Arvigo erreichbar
Bis Ende 2014 eigenständige politische Gemeinde im Calancatal
Seit 1. Januar 2015 mit den Gemeinden Arvigo, Cauco und Selma zur neuen Gemeinde Calanca fusioniert